Can’t buy me love – Oder wie wichtig Loslassen für Dein Leben ist

warum-loslassen-so-wichtig-istLetzte Woche ist mein Vater gestorben und ich hätte niemals gedacht, dass ich darüber einen Blogartikel schreiben würde. Irgendwie ist der Tod in unserer Gesellschaft ein Tabuthema. Dabei gehört er einfach zum Leben.

Zehn Monate vor seinem Tod hat er die Diagnose Krebs erhalten. Von da an hat er gekämpft. Gegen den Krebs. Alle meine Bemühungen, ihm zu erklären, dass es keinen Sinn macht, gegen etwas zu kämpfen, waren vergebens.

Zum Glück habe ich zwar spät, aber rechtzeitig erkannt, dass ich nicht für sein Leben verantwortlich bin.

Leider haben wir 750 km voneinander entfernt gelebt und er ist auch 750 km von mir entfernt ganz friedlich eingeschlafen. Ich bin den Mitarbeitern aus dem Hospiz, in dem er seine letzten Wochen verbracht hat, sehr dankbar. Er war nicht mehr transportfähig und wir konnten ihn nicht zu uns holen, denn das war sein Wunsch.

Die Psychologin dort ist eine ganz wundervolle Frau und sie sagte, dass sie selten jemanden erlebt hat, der bis zum Schluss geistig noch so klar war wie er.

Diese Aussage freut mich sehr, denn es gab Menschen in seinem Umfeld, die uns weismachen wollten,  dass er wohl langsam dement sei. Das lag daran, dass er aufgrund mangelnden Vertrauens häufig seine Meinung geändert hat und seine Versprechungen zurückgenommen hat.

Jetzt weiß ich, warum er sich für das Sterben entschieden hat

Es ging um materielle Versprechungen. „Denn, wenn ein Mensch tot ist, geht es um Sachen.“ Diesen Satz habe ich als SMS von einer Person aus seinem Umfeld erhalten. Zwei Tage nach seinem Tod!

Ich war sehr erschüttert darüber, dass es gar nicht mehr um meinen Vater ging, sondern wirklich nur um seinen Nachlass. Er besaß viele Dinge. Viele Dinge, die ihn im Grunde sehr unglücklich gemacht haben. Erst, weil er sie noch nicht hatte und später, weil sie ihn erdrückt haben und weil sie falsche Freunde angezogen haben.

Als ich das wirkliche Ausmaß von diesen vielen Dingen gesehen habe, wurde mir noch klarer, warum er sich am Ende für das Sterben entschieden hat. Mir hat es die Kehle zugeschnürt, als ich diese vielen Gegenstände gesehen habe und ihm ist es sicher auch so gegangen. Jetzt weiß ich, warum es so viele Entrümpelungsfirmen gibt.

Meine Geschwister und ich hatten schon vor seinem Tod geplant, noch einmal alle zusammen zu ihm zu fahren, um ihn zu sehen und um seinen irdischen Nachlass zu schützen. Vor Einbrechern und Dieben. Nein, ich übertreibe nicht. Es war tatsächlich so, dass manche Menschen seine monatelange Abwesenheit scheinbar als Einladung verstanden haben, sich hemmungslos zu bedienen. Seid gesegnet. Ich wünsche Euch, dass Ihr mit dem Zeug glücklich werdet.

Er hat sich völlig ausgeliefert gefühlt

Teilweise dachte ich mir, dass ich vielleicht lieber mal wieder einen Tatort hätte schauen sollen, um mir bewusst zu machen, dass Kriminalität tatsächlich existiert. Unglaublich, was mein Vater sich da angezogen hatte. Das war eine völlig neue Welt für mich und ich freue mich darauf, mich sehr bald wieder auf mein Leben und meine Ziele zu fokussieren. Und er will das bestimmt auch.

Wir hatten tatsächlich schon länger Kontakt mit der Polizei, die uns ausdrücklich geraten hat, das aufgebrochene Schloss an seiner Garage zu ersetzen. Schwierig bei der Entfernung und wenn man nicht mal weiß, wen man vertrauensvoll damit beauftragen kann. Bei unserem vorletzten Aufenthalt mussten wir eine Alarmanlage ausschalten und ein Schloss austauschen, da der zweite Schlüssel zu seinem Laden spurlos verschwunden war. Und das alles, während er völlig handlungsunfähig im Krankenhaus lag.

Sein Testament wurde aus dem Hospiz entwendet und uns hat man erzählt, er habe es zerrissen und neue mündliche Versprechungen unter Zeugen gemacht.

Die Unterlagen, die wir für die Organisation der Bestattung unseres Vaters benötigt haben, sollten uns nur gegen Aushändigung eines Kfz-Briefs und gegen Unterschrift ausgehändigt werden.

Die Energien in seinen Räumen waren teilweise sehr beängstigend. Das lag daran, dass er sein Leben lang Angst davor hatte, seinen Besitz zu verlieren. Die Angst konnte man förmlich riechen in den wenigen vorhandenen Zwischenräumen.

Wir haben alle zusammengehalten

Er hatte wenige Menschen in seinem Umfeld, denen er wirklich vertrauen konnte. Der Psychologin hat er außer seinen Kindern noch eine weitere Person genannt, die zu diesem Kreis gehörte. Er hatte ständig Angst, betrogen zu werden.

Er hatte Schuldgefühle und wollte aus Pflichtgefühl andere an seinem Besitz teilhaben lassen.

Er hat Menschen angezogen, die ihn belogen haben, die ihn bestohlen haben und die ihm am Sterbebett Vorwürfe gemacht haben.

Und er hat nie gelernt, loszulassen. Er war sich so sicher, dass er diese vielen Dinge irgendwann mal gewinnbringend verkaufen kann. Nur gab es keine Käufer, die den Betrag, den er wollte, gezahlt haben.

Es war eine völlig absurde Situation, die meine Geschwister und ich erlebt haben. Doch auch, wenn wir alle müde, angespannt und ratlos waren, haben wir zu jederzeit zusammengehalten und das beste aus der Situation gemacht.

Loslassen befreit

Und mir hat es wieder mal bewusst gemacht, wie sich das Festhalten an Materie auf unser Leben auswirken kann. Ich entrümpele ja hin und wieder zwischendurch und bin jedes Mal erstaunt darüber, wie viel sich in sehr kurzer Zeit ansammeln kann.

Demnächst steht ein Umzug an und da wird einiges rausfliegen. Und ich glaube, dass ich einen Glaubenssatz auflösen darf. Ich ertappe mich oft dabei, wie ich sage: „Ich muss mal wieder entrümpeln.“ Klar, dass mein Unterbewusstsein sich gerne darum kümmert und mir behilflich dabei ist, meine Wohnung in ein kleines Chaos zu verwandeln.

Was würde sich denn besser anfühlen?

Ich weiß, wie es sich anfühlt, in einer stets aufgeräumten Wohnung zu leben.
Ich weiß, wie es sich anfühlt, mich entspannt von den Dingen zu trennen, die ich nicht brauche.
Ich weiß, wie es sich anfühlt, mich nur mit Dingen zu umgeben, die mir gut tun.

So, das fühlt sich schon viel besser an. Unsere Glaubenssätze lassen sich schnell und nachhaltig verändern.

Vielleicht hätte das bei meinem Vater auch funktioniert. Vielleicht hätte er eine Chance gehabt.

Und alles ist gut. Letztendlich war das sein Weg und seine Entscheidung.

Es ist nie zu spät, etwas zu verändern

Er war überzeugt davon, dass man sich doch ab einem gewissen Alter nicht mehr verändern kann.

Oh doch, das kann man. Mich hat es immer sehr fasziniert, wenn in den Seminaren, die ich besucht habe, ältere Menschen waren, die noch offen für Veränderung waren.

Es ist nie zu spät, etwas zu verändern. Und jeder darf das selbst entscheiden.

Als er schon krank war, hat mein Vater keine Dinge mehr angehäuft. Stattdessen hat er – wie zuvor auch schon immer – Informationen gesammelt. Er hat wochenlang recherchiert über alternative Heilmethoden und sich gedanklich so sehr mit der Bekämpfung des Tumors beschäftigt, dass es irgendwann zu spät war. Er wusste am Ende wahrscheinlich alles über diese Methoden, doch genützt hat es ihm nichts. All das Wissen.

Vor ein paar Wochen hat er mir gesagt, dass er wieder gesund werden könnte, wenn er seine Lebenseinstellung ändert. Wenn er sich so verändert, wie ich es getan habe. Er wollte wissen, welche Bücher und Seminare ich ihm empfehlen kann. Und er hat mir auch gesagt, dass es ihn Überwindung gekostet hat, Ratschläge von seiner Tochter anzunehmen. Denn schließlich müsste es doch umgekehrt sein.

In seiner letzten SMS von ihm stand: „Wenn ich wiederkomme, dann als Mönch, dessen Aufgabe es sein wird, die Menschheit in gute Schwingungen zu versetzen.“

Wie schön, dass er das am Ende verstanden hat.

Zwischendurch hatte ich in den letzten Tagen inmitten dieser verrückten Energien auch mal Zeit, traurig zu sein. Dabei gibt es gar keinen Grund, traurig zu sein. Ich freue mich sehr darüber, dass er sich am Ende friedlich für das Sterben entschieden hat. Er konnte noch mit vielen Dingen abschließen und er hat noch erkannt, wem er vertrauen kann und wem nicht. Vor allem hat er noch gelernt, sich selbst zu vertrauen. Und er hat gelernt, loszulassen. Er hat das Leben losgelassen.

Er war ein sehr humorvoller Mensch

Die Psychologin, die sich noch mit ihm verbunden hat, nachdem er gegangen ist, sollte uns von ihm ausrichten: „Jetzt weiß ich, wie es ist.“

Jetzt hat er seine Ruhe und kann sich von seinem sehr abenteuerlichen und abwechslungsreichen Leben erholen. Ihm war niemals langweilig und er war ein sehr witziger Mensch!

Während ich das hier geschrieben habe, war ich die ganze Zeit unsicher, ob ich das am Ende wirklich veröffentlichen soll. Was habe ich da noch für Glaubenssätze? Ich kann doch den Tod eines Menschen nicht öffentlich machen! Aber warum eigentlich? Ist das pietätlos? Ist es verboten, darüber zu schreiben? Schließlich war er kein Prominenter. Bei Prominenten ist das ja erlaubt.

Ja, es ist wahrscheinlich einfach ein Tabuthema. Und ich bin mir sicher, mein Vater hätte gewollt, dass ich diesen Artikel veröffentliche.


„Ich habe keine Angst vor dem Tod, weil ich nicht an ihn glaube. Man steigt nur einfach von einem Wagen in einen anderen um.“

John Lennon


Dieses Video hat er mir mal geschickt mit den Worten: „Das versetzt mich in richtig gute Laune!“

Lieber Papa, jetzt bist Du bei Elvis, John, George und Roy.
Viel Spaß!

Alles Liebe für Dich

PS: Lebe wie Du willst! Vertraue Deiner Intuition! Alles ist eins!

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